Werkschau

Mein Kolloquium trug den Titel »The burden of choice«. Damals sprang ich zwischen den Genres der Gestaltung hin und her—3D, Grafik, Video, Apps. Ich glaubte, ich müsse mich entscheiden. Ein Medium wählen. Mich einer Sparte des Designs zugehörig fühlen. Heute weiß ich: Die Wahl war nie zwischen Disziplinen, sondern zwischen Perspektiven.

Denn rückblickend verbindet all meine Projekte ein gemeinsames Ziel:

Mein Wunsch nach gesellschaftlicher Teilhabe. Nach einer Welt, in der Menschen Menschen sind. In der alle gleich viel wert sind. In der Politik ehrlich ist, transparent und solidarisch. In der Gestaltung mehr ist als Form: ein Werkzeug für Veränderung.

In dieser Werkschau zeige ich einige Projekte, die meinen Selbst-Reflektionswerdegang begleiteten.


Direkt im ersten Semester belegte ich Vom Zeichen zur Marke bei Prof. Matthias Beyrow. Der Kurs war essenziell—ein Einstieg in die Grundlagen der Gestaltung, ins Handwerk, in saubere Vektorpfade, systematisches Denken und die Wirkung von Form. Damals war das genau richtig. Erst später, nach dem Kolloquium, wurde mir bewusst, dass mir etwas fehlte: Ein Grund. Eine Haltung. Ein politischer Antrieb.

Doch genau dafür war das Grundstudium nicht da—es ging ums Lernen, nicht ums Positionieren. Rückblickend war es gut so.

Für meinen zweiten Kurs bei Prof. Beyrow spielte dieser Antrieb dann schon eine größere Rolle. Es ging um die Gestaltung einer Marke für ein regionales Familienunternehmen, das ökologisch Gemüse anbaut und verkauft. Natürlich freute ich mich, erneut von Prof. Beyrows Erfahrung zu lernen—doch diesmal war meine Entscheidung inhaltlich motiviert. Ich sah die Möglichkeit, Gestaltung für etwas einzusetzen, das ich unterstützen wollte: nachhaltige Landwirtschaft. Ein meiner Meinung nach wichtigem Baustein im Kampf gegen die Klimakrise.

Zweiteiliger Entwurf einer Design-Werkschau. Links: Gestaltung für »Girrbachs Ernte«, ein ökologisches Gemüse-Abo. Eine grüne Kiste mit Gemüse enthält gelbe Infokarten mit Statements wie „KEINE LÖSUNG“ und „KEIN DRECK“. Daneben Visitenkarten, Sticker und ein Autoaufsteller im passenden Corporate Design. Rechts: Gestaltungssystem für die DM-Marke »Mivolis«. Zu sehen sind schwebende Verpackungen in klarem, systematischem Design, z. B. Pflaster, Nahrungsergänzungsmittel und Nasenspray, mit Typografie in Schwarz auf farbigen Akzentflächen.

Coole Kiste & Mivolis

Ein Rückblick über die beiden Kurse

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An Frank Rauschs Apps & Details Kurs nahm ich anfänglich auch hauptsächlich Teil, um meine Handwerklichen Designfähigkeiten in Bezug auf App-Design zu schärfen und lernen. Dass Frank Rauschs und meine politischen und design-politischen Ansichten sehr gut zueinander passen, war dann ein erfreulicher Bonus.

Tatsächlich werden Franks Kurse eins der Dinge sein, die ich am meisten von der FH vermissen werde.

Gerade in den späteren Kursen diskutierten wir viel über Tech-Monopole, gestaltung für die interessen der Konzerne statt für Menschen und Alternativen zu solchen Konzernen.

Links ein Screenshot eines Formulars zur Schadensmeldung einer Wohnung der Genossenschaft ProPotsdam. Rechts ein exemplarisches Bildschirmfoto des Viewports der neugestalteten Panasonic Image App

Apps & Details; Web Text Input Output

Zwei Kurse von Frank Rausch, welche User-Experience und Typografie Hardskills vermittelten

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Auch wenn ich Kommunikationsdesign studierte und das hier eine Kommunikationsdesign Abschlussarbeit ist, sind meine Programmier- und Interfacekurse und Erfahrungen ein integraler Teil meiner Entwicklung. Programmieren begleitet mich schon länger als Design. Gewisserweise hat mich das Programmieren von Webseiten als Kind und Jugendlicher erst dazu gebracht, Interesse an der Gestaltung zu entwickeln. Auch heute noch spielt programmieren eine wichtige Rolle in meinem Leben. Das Freie Projekt No Cards Needed bei Prof. Dr. Sebastian Meier spielt also in vielerlei Hinsicht eine große Rolle in meinem Leben. Nicht nur war dies mein größtes und einziges Projekt, wo Programmierung den Hauptteil der Arbeit eingenommen hat. Auch war es die erste intensive Projekt-Zusammenarbeit mit Silas Wolf, welcher vorher „nur“ mein Mitbewohner war. Unter anderem aus dieser Zusammenarbeit ist dann aber das Design & Development Studio woven entstanden.

Illustration der digitalen Kartenspiel-App „No Cards Needed“. Im Vordergrund ist ein Smartphone mit geöffneter App zu sehen; der Startbildschirm zeigt das Logo der App sowie zwei Buttons: „CREATE GAME“ (lila) und „JOIN GAME“ (grau). Im Hintergrund liegen Spielkarten mit den Buchstaben K (Karo), A und Q auf einem lila Schachbrettmuster. Zwei Comic-artige Handzeiger deuten auf die Karten. Das visuelle Design ist verspielt und digital, mit kräftigen Farben und klarer Typografie.

No Cards Needed

Ein Überblick über den Entstehungs und Gestaltungsprozess von No Cards Needed auf Incom.

Auf Incom mehr lesen ↗

Als woven haben Silas Wolf, Hanne Dahlmann, Carl Linz und ich dann verschiedenste Projekte begleitet—alle mit einem Fokus auf Interaktion in Form von Tools, Websites oder Apps. Dabei entwickelten wir eine App mit und für die Climate Clock, der Carbon-Capture Abteilung von Helmholtz und der digital-wellbeeing App One-Sec zusammen. Ziel von uns war es, Gesellschaftlich-Positive Dinge zu gestalten, die zusätzlich bei der Benutzung auch freude bereiten.


Eine ganz andere Note brachten dann die beiden CAPS LOCK Kurse hinein, welche Silas Wolf zusammen mit Prof. Marion Godau organisierte. Sicherlich war dies auch der Selbstgestaltung des Kurses geschultet. Dadurch dass Silas selbst maßgeblich an Konzeption der Kursziele involviert war, und Silas und ich sehr ähnliche Politische- und Design-auffassungen haben, traf der Kurs ins Mark. Wir redeten über antikapitalistisches Design, und praktizierten dieses dann auch. In zwei Kursen zum selben Thema kamen völlig unterschiedliche Ergebnisse heraus, beide auf eigene Weise (für mich) unglaublich wichtig.

Silas und ich stehen mit braunen Shirts auf denen »WE ARE ALL CREW« gedruckt ist vor Publikum vor einer Beamer-Projektion mit dem Logo »Collective Change«.

Collective Change — CAPS LOCK 2.0

Als Fortsetzung des CAPS LOCK Kurses mein zweiter Kurs in welchem ich mich mit antikapitalistischem Design beschäftige

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Auch wenn hier der Anteil an traditionellem Deisgn recht kurz kam, fühlte sich das was wir erschufen sehr viel mehr nach dem an, was ich erreichen möchte. Der Begriff Design bedeutet für mich etwas zu erschaffen was ein Problem löst. Wenn ich Collective Change unter dieser Definition betrachte, ist es schon Design. Wir gestalteten Strukturen, eine Internetplattform, eine Identität und Social-Media Vorlagen sowie diverse Social Media posts. Nur war ich nicht in allen dieser Teile involviert.